Wer trägt die Verantwortung für die Baumkontrolle?
Mit dem Baumprüfer der WSV (siehe Kapitel 2.5 des BMVI-Leitfadens 2020).
Müssen WSV-Bäume ab einem bestimmten Umfang bzw. Durchmesser kontrolliert werden?
Nein. Soweit sich der Baumprüfer sicher ist, sollte ihm die Einschätzung überlassen werden, von welchen Bäumen eine Gefahr ausgehen kann und von welchen Bäumen nicht. Starre Grenzwerte zum Umfang bzw. Durchmesser werden weder der Fachkompetenz des Baumprüfers noch den Bäumen gerecht und führen in der Regel zu unnötigem Mehraufwand.
Welche Bäume muss der Baumprüfer der WSV kontrollieren?
- Bäume im Eigentum der WSV, die die Fahrrinne von Bundeswasserstraßen und Betriebswege außerhalb der freien Landschaft und des Waldes gefährden können, im Abstand von bis zu einer Baumlänge von der Verkehrsfläche (Regelkontrolle, siehe Kapitel 3.2 des BMVI-Leitfadens 2020) und
- Bäume auf Nachbargrundstücken außerhalb der freien Landschaft und des Waldes, die einen von der WSV eröffneten Verkehr gefährden können (Inaugenscheinnahme vom WSV-Grundstück aus, siehe Kapitel 3.7 des BMVI-Leitfadens 2020)
Welche Bäume muss der Baumprüfer der WSV nicht kontrollieren?
Siehe oben, Abschnitt "Wo erfolgt keine Baumkontrolle"
Sind auch Bäume im Eigentum der WSV in der freien Landschaft und im Wald entlang von gewidmeten Verkehrswegen (Bundes-, Landes- und kommunale Straßen) einer Regelkontrolle zu unterziehen?
Ja, im Abstand von bis zu einer Baumlänge von gewidmeten Verkehrswegen (Bundes-, Landes- und kommunale Straßen) (siehe Kapitel 3.2 des BMVI-Leitfadens 2020).
Wo kann in Erfahrung gebracht werden, ob Straßen, Wege oder Plätze gewidmet sind?
In der Regel bei den zuständigen Kommunen.
Was ist eine Widmung?
Widmung ist ein hoheitlicher Akt, der die Eigenschaft einer Sache als öffentliche Sache begründet und ihre Zweckbestimmung festlegt. Eine Widmung zum Gemeingebrauch kann durch Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung oder durch einen einzelnen Akt, in der Regel einen Verwaltungsakt, erfolgen. Nähere Einzelheiten hierzu sind ggfs. in den jeweiligen Straßengesetzen der Länder festgelegt worden (siehe Anhang 2 des BMVI-Leitfadens 2020).
Sind Bäume im Eigentum der WSV zu kontrollieren, die die Fahrrinne von Bundeswasserstraßen erreichen können?
Ja, im Abstand von bis zu einer Baumlänge von der Fahrrinne.
Müssen Bäume auf Nachbargrundstücken kontrolliert werden?
Nachbarbäume außerhalb der freien Landschaft und des Waldes, die einen von der WSV eröffneten Verkehr gefährden können, sind vom WSV-Grundstück aus in Augenschein zu nehmen. Eventuell erkennbare Gefahren (angebrochener Ast, extreme Schiefstellung eines Baumes etc.) sowie die Einleitung der erforderlichen Maßnahmen (insbesondere Information des Eigentümers) sind zu dokumentieren (siehe Kapitel 3.7 des BMVI-Leitfadens 2020).
Müssen Bäume in der Jugendphase einer Regelkontrolle unterzogen werden?
Wie müssen WSV-eigene Bäume in der Reife- und Alterungsphase kontrolliert werden, die die Fahrrinne von Bundeswasserstraßen und Betriebswege außerhalb der freien Landschaft gefährden können?
Die Regelkontrolle erfolgt als schreitende Sichtkontrolle vom Boden aus. Dabei ist jeder Baum einzeln, sorgfältig und von allen Seiten im Kronen-, Stamm- und Wurzelbereich zu kontrollieren.
Müssen Bäume wegen des möglichen Grünastbruchs vorsorglich gefällt werden?
Nein, weil der Bruch belaubter Äste nicht vorhersehbar ist, wenn zuvor keine verkehrsgefährdenden Schadmerkmale erkennbar waren.
Müssen Hybrid-Pappeln wegen Totholz im Grob- und Starkastbereich gefällt werden?
Nein. Wenn ansonsten keine konkrete Gefahr erkennbar ist, müssen nur solche einzelne Totäste entfernt werden, die den Verkehr konkret gefährden. Sämtliches Totholz, das den Verkehr nicht konkret gefährdet, ist gemäß dem naturschutzrechtlichen Vermeidungsgebot und aus Artenschutzgründen am Baum zu belassen. Dies gilt erst recht für alle lebenden Teile von Hybrid-Pappeln, die den Verkehr nicht konkret gefährden.
Ist die Vorgabe fachgerecht, alle Bäume mit einem sichtbaren Schadmerkmal zu fällen?
Nein. Pauschale Handlungsvorgaben widersprechen dem BMVI-Leitfaden Baumkontrolle. Fachgerecht ist die Einschätzung des Handlungsbedarfs durch den qualifizierten WSV-Baumprüfer, sobald dieser die Grund- und Zustandsdaten eines einzelnen Baums im Rahmen einer fachgerechten Regelkontrolle erhoben hat (siehe Kapitel 3.2 des BMVI-Leitfadens 2020).
Muss der ABz die zuständige Naturschutzbehörde auch vor der Entfernung von Kletterpflanzen am Baum informieren?
Der BMVI-Leitfaden Baumkontrolle bestimmt in Kapitel 3.2, dass Sichthindernisse wie Kletterpflanzen am Baum nur soweit zu entfernen sind, wie es die Sichtkontrolle unbedingt erfordert.
Da die Entfernung von Kletterpflanzen auch geschützte Arten beeinträchtigen kann, ist die zuständige Naturschutzbehörde rechtzeitig vorab zu informieren, sobald Kletterpflanzen als Sichthindernis für die Regelkontrolle oder bei einer Sicherungsmaßnahme entfernt werden müssen. Wie bei den Sicherungsmaßnahmen an Bäumen gilt aber auch hier: Geplante Maßnahmen werden gesammelt mit der zuständigen Naturschutzbehörde besprochen, und nicht „jeder einzelne Efeu-Strang“ separat. Da man mit der zuständigen Naturschutzbehörde ohnehin ständig im Gespräch bleiben muss, ergibt sich kein erhöhter Aufwand.
Beispiel Efeu-Bewuchs am Baum: Hier können geschützte Arten wie Singdrossel, Heckenbraunelle und Efeu-Seidenbiene vorkommen. Die Efeu-Blüte im Herbst ist für unzählige Insekten als letzte Nahrungsquelle vor dem Winter lebenswichtig.
Muss der Baumprüfer auch die unscheinbaren Fruchtkörper des Brandkrustenpilzes erkennen können?
Ja, hierzu muss insbesondere aufmerksam zwischen die Wurzelanläufe von Ahorn, Esche, Linde, Birke, Buche, Platane und Rosskastanie geschaut werden.
Die Fruchtkörper des Brandkrustenpilzes sehen manchmal wie kleine asphaltähnliche Punkte aus.
Muss die Regelkontrolle von Pappeln generell mindestens einmal jährlich erfolgen?
Nein, die Häufigkeit der Regelkontrolle richtet sich nach Tabelle 3-1 des BMVI-Leitfadens Baumkontrolle (2020). Sie hängt insbesondere von folgenden Faktoren ab:
- Berechtigte Sicherheitserwartung des Verkehrs
- Zustand des einzelnen Baumes
- Standort und Veränderungen im Baumumfeld
- Baumart, Entwicklungsphase, Alter
Bei Schäden muss am einzelnen Baum geprüft werden, ob artbedingte Eigenschaften zu Problemen führen können (siehe Kapitel 3.2.2.1 des BMVI-Leitfadens 2020, Baumart).
Wer muss die berechtigte Sicherheitserwartung des Verkehrs einschätzen?
Der Außenbezirk muss dies anhand der Tabelle 3-1 sowie der Kapitel 3.2.2.1 und 3.2.2.2 des BMVI-Leitfadens 2020 für jeden Einzelfall – und nicht allgemein – einschätzen.
Ist die berechtigte Sicherheitserwartung des Verkehrs im Hinblick auf Gefahren durch Bäume an Betriebswegen außerhalb der freien Landschaft und des Waldes nicht genauso hoch wie an einer Kreisstraße?
Nein. An Betriebswegen in einer solchen Lage ist die berechtigte Sicherheitserwartung des Verkehrs geringer (siehe Tabelle 3-1, Kapitel 3.2.2.2 des BMVI-Leitfadens 2020).
Steht der Baumprüfer durch die Dokumentation seiner Regel- und Zusatzkontrolle „mit einem Bein im Gefängnis“?
Nein, denn gerade durch die nachvollziehbare Dokumentation und Weitergabe an den nächsten Vorgesetzten beweist der Baumprüfer die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht.
Was versteht man unter der Gefahr des sofortigen Schadenseintritts am Baum?
Eine unmittelbar von einem Baum ausgehende Gefahr, die sofortiges Handeln erfordert. Beispiele für die Gefahr eines sofortigen Schadenseintritts im Bereich höherer Sicherheitserwartung sind:
- gerissener Zwiesel
- gerissene Starkast-Anbindung
- Holzkörper-Längsriss
- freigestellter V-Zwiesel
- konzentrischer Bodenriss
- konzentrischer Bodenriss mit Freistellung des Baumes
- angehobener Wurzelteller.
Wie ist bei einer Gefahr des sofortigen Schadenseintritts vorzugehen?
Besteht nach dem Ergebnis der Verkehrssicherheitsprüfung die Gefahr des sofortigen Schadenseintritts,
- so ist die Gefahrenstelle sofort zu sperren
- die akut gefährlichen Baumteile für eine ggf. erforderlich werdende Beweissicherung zu dokumentieren (Fotos), auch hinsichtlich Artenschutz und Landschaftsbild und
- nur die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen unverzüglich durchzuführen.
Ist dies nicht möglich, so ist die Gefahrenstelle zu kennzeichnen (z. B. Schild „Vorsicht Astbruchgefahr“) und die Sperrung beizubehalten. Die Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde ist kurzfristig nachzuholen und die getroffenen Maßnahmen sind zu dokumentieren. Ggf. sind die zuständigen Kommunalbehörden zu informieren (siehe Kapitel 3.2.2.5 des BMVI-Leitfadens 2020).