Die Hydrometrie widmet sich der mengenmäßigen (quantitativen) Erfassung des Wassers im Kreislauf. Der Kenntnis der Wassermengen, der Strömungen und auch der Wasserstände in den Fließgewässern kommt dabei die wichtigste Rolle zu, weil auf ihrer Grundlage eine Vielzahl an Basisinformationen über das Gewässer gewonnen werden (Bild 1). Unter anderem werden mit Hilfe der kontinuierlichen Wassermengenbestimmung Wassernutzungen geplant, Wasserstraßen bewirtschaftet, Bauwerke dimensioniert, Hoch- und Niedrigwasserzustände beurteilt, ökologische Zustände und Potentiale eingeschätzt und Stofffrachten berechnet.
Der BfG-Themenbereich Hydrometrie des Referates M1 befasst sich mit zwei Schwerpunkten:
- Kartierungen und Bewertung von Strömungssituationen in Flussabschnitten als Grundlage für ökologische und wasserbauliche Maßnahmenkontrollen, insbesondere im Kontext des Bundesprogramms Blaues Band Deutschland (BBD) und wasserwirtschaftlichen Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen. Dazu gehört auch die standörtliche Strömungs- und Wellenmessungen zur besseren Beurteilung von Pflanzen- und Fischhabitaten.
- Methodenentwicklung von Durchflussmessungen, deren Analyse und Auswertung sowie die standardmäßige Beurteilung ihrer Güte. Wir beraten insbesondere die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) bei der Umsetzung der operationellen Durchflussmessungen an den Bundeswasserstrassen (BWStr).
Daneben werden Informationen über den Bodenwasserfüllstand im ufernahen Bodenkörper an einer durch die BfG betriebenen Lysimeteranlage gesammelt. Diese Informationen können Aufschluss über eine bevorstehende Dürrephase beinhalten und liefern zudem umfassende Kenntnisse des Wasserkreislaufes.
Strömungsmessung
Die Kenntnis über Fließgeschwindigkeiten und -richtungen in Fahrrinnen und Uferbereichen stellt eine wichtige Grundlage für die Bewertung von Maßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der Navigationssicherheit und ökologischen Qualität dar. Die BfG führt in diesem Rahmen Spezialmessungen in Pilotprojekten durch und befähigt die Ämter der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSÄ) zur operationellen Umsetzung von Erfolgskontrollen. Dabei legt die BfG einen Schwerpunkt auf der Erprobung von Mess- und Analysemethoden und Messtechniken. Die Daten finden Eingang in aktuelle Bewertungen und in Strömungsmodellkalibrationen. So werden beispielsweise die ökologischen Aufwertungsmaßnahmen im Blauen Band Modellprojekt Weserschleifen erfolgskontrolliert, oder die Ausbaumaßnahmen im Rahmen des Baus der 5. Schleusenkammer am Nord-Ostsee-Kanal in Brunsbüttel strömungstechnisch begleitet.
Durchflussmessung
Weiterentwicklung von Durchflussmessungen und Durchführen von Spezialmessungen
Neben den Wasserstandsinformationen der Pegel stellen Daten zum Durchfluss und der Gewässerströmung die grundlegende Basis für den Betrieb und Unterhalt sowie den Neu-, Um- und Ausbau der Bundeswasserstraßen dar. Für Durchfluss- und Strömungsmessungen werden in den Ämtern der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSÄ) hauptsächlich akustische Messungen mit ADCP Geräten im Moving-Boat-Verfahren durchgeführt. In Spezialfällen werden jedoch auch andere Verfahren und Messgeräte verwendet wie z.B. elektromagnetisch-induktive Sonden, mechanische Flügelmessungen, stationäre akustische Messungen oder Tracerverfahren. Gemeinsam mit dem Referat M5 testen wir neuartige Verfahren zur Kopplung von Strömungs- und Bathymetrie-Erfassungen, sowie den Einsatz von Drohnen zur Durchflussbestimmung. Im FuE-Projekt MeskalMon loten wir die Potentiale und Grenzen der Verwendung von ADCP-Sensorik für Schwebstoff-(Sediment- und Algenkonzentrations-)messungen aus. Zudem unterstützen wir die WSÄ konzeptionell und praktisch bei Durchflussmessungen unter neuen bzw. ungewöhnlichen Bedingungen. Dabei liegt unser Fokus auf der Weiterentwicklung etablierter Messmethoden und ihrer perspektivischen Umsetzung im operationellen Betrieb.
Analyseberatung
Um die Qualität von Durchflussdaten gut und sicher bewerten zu können kommt der Analyse und Qualitätssicherung von Durchflussmessungen eine wichtige Rolle in der Hydrometrie zu. Die BfG unterstützt sowohl die WSÄ, als auch weitere Behörden mit Softwareprodukten, Checklisten und bilateralen Beratungen. Um die ADCP-Messungen an den Bundeswasserstraßen (BWStr) nach den geltenden, nationalen Standards auswerten zu können, und zur Verwaltung der Messdaten in einer Datenbank, wurde in der Hydrometrie der BfG die Analysesoftware AGILA entwickelt. Um den verschärften Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden und zukünftig das nationale und internationale Vorgehen zur Datenqualitätssicherung von Durchflussdaten zusammenzuführen wird die Software AGILA derzeit neuentwickelt.
Schulungen / Anwendertreffen
Um eine gesicherte und bundesweit einheitliche Datenqualität der Durchflussmessungen zu gewährleisten, sind Schulungen zur Durchführung von Messungen und zur Handhabung der eingesetzten Geräte sowie Schulungen zur Nachbearbeitung der erfassten Daten (Datenanalyse, Qualitäts- und Unsicherheitsbewertungen) unerlässlich. Darüber hinaus ist es notwendig, die Funktionsfähigkeit der Messgeräte regelmäßig zu überprüfen. Dies geschieht traditionell im Rahmen von ADCP-Regatten. Dabei treffen sich Durchflussmessteams aus ganz Deutschland, um unter gleichen Messbedingungen Messvergleiche durchzuführen und so defekte Messgeräte zu identifizieren und die Vergleichbarkeit der Messungen zu überprüfen. Die BfG organisiert und unterstützt solche Regatten, Schulungen und Austausche regelmäßig oder bei besonderem Bedarf.
Durchflussmesstechnik
Die Technik zur Messung von Durchflüssen wurde vor über 20 Jahren durch die Einführung von Acoustic Doppler Sensorik revolutioniert und wird seitdem immer weiterentwickelt. Im Themenbereich Hydrometrie der BfG werden solche Neuentwicklungen getestet, um die Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter hinsichtlich eines Mehrwerts für den operationellen Betrieb und Spezialmessungen beraten zu können. Zudem werden bei der BfG Tests zu neuen Messgerätekombinationen durchgeführt. Im Interesse der Neuentwicklungen stehen vor allem Systeme, die -eingesetzt auf den BWStr – eine erhöhte Arbeitssicherheit (z.B. Wasserdrohnen), robustere Ergebnisse (z.B. Dual Antenna GNSS Kompass) und genauere Strömungskartierungen (z.B. RTK-GNSS-System auf kleinen Geräteträgern) erlauben. Auch der kombinierte Einsatz von vertikalen ADCPs und Wasserqualitätssonden wird aktuell getestet, um Grenzschichtströmungsgeschwindigkeiten und Turbulenzen in FluidMud Bereichen der Ems zu erfassen (Projekt IST).
Wellenmessung
Von Offshoreplattformen in der Nordsee bis hinein in die Ästuare misst das Referat M1 Seegangs- und Wellenparameter und unterstützt Projektpartner bei der Auswertung von Wellenmessungen. Seit 2002 wird der Seegang am Pegel Borkum Südstrand mittels eines Radarsensors gemessen. 2012 wurde das System auf vier Radarsensoren erweitert, um auch den Richtungsseegang zu erfassen. Nach und nach wurden solche Systeme, bestehend aus vier Radarsensoren, auch auf den Forschungsplattformen Fino1 (2013) und Fino3 (2015) angebracht.
Solche Langzeit-Seegangsmessungen können in Seegangsmodellen eingesetzt werden, um Aussagen über das Seegangsklima der Vergangenheit zu treffen. In Zusammenarbeit mit dem Referat U3 werden Wellen- und Strömungsmessungen im Uferbereich der Ästuare ausgewertet. Hintergrund sind die Fragen, wie Wellen- und Strömungsbild das Wachstum der Ufervegetation beeinflussen und in welchem Umfang die Vegetation Wellen und Strömung reduzieren und somit Ufererosion minimieren.
Lysimetermessungen
Zur kontinuierlichen Erfassung des Bodenwasserhaushaltes betreibt die BfG auf der Rheininsel Niederwerth bei Koblenz seit 1986 ununterbrochen eine Lysimeterstation, bestehend aus vier Paaren mit je einem wägbaren und einem nicht-wägbaren Lysimeter. Mit diesen mit Boden gefüllten, auf Waagen stehenden Behältern können Veränderungen des Wassergehaltes im Boden, die Versickerung und die Verdunstung unter annähernd realistischen Bedingungen quantifiziert werden.
Alle acht Lysimeter sind jeweils mit ungestörten Bodensäulen aus drei flussnahen Standorten der Umgebung, sowie einem höher gelegenen Standort des Neuwieder Beckens gefüllt. Die beprobten Bodentypen „Auelehm“, „Lösslehm“, „Hochflutsand“ und „verlehmter Bims“ sind repräsentativ für die spezielle hydrologische Situation „flussnaher Grünlandstreifen“ an vielen Flussabschnitten der großen Ströme Mitteleuropas. Zur Bestimmung der Niederschlags- und Verdunstungsbedingungen ist die Anlage mit einer umfangreichen meteorologischen Messstation ausgestattet. Insgesamt werden über vierzig unterschiedliche Parameter minütlich erfasst und gespeichert.
Das nachfolgende Video zeigt die BfG-Lysimeteranlage im Überblick: