Wasser für den Frieden: Zwei BfG-Experten im Interview zum Weltwassertag 2024

22.03.2024

“Water for peace – Wasser für den Frieden“ lautet das diesjährige Motto des Weltwassertages. Die BfG als Bundesbehörde hat eigentlich keinen großen Einfluss darauf, dass Wasser weltweit friedlich genutzt wird. Oder doch? Die BfG-Öffentlichkeitsarbeit hat sich mit zwei BfG-Experten getroffen und ist dieser Frage nachgegangen – aus BfG-Sicht und aus der Perspektive des Zentrums für Wasserressourcen und globalen Wandel. Das vollständige Interview hören Sie ab sofort im BfG-Podcast „GewässerWissen“.

Kinder aus Uganda waschen sich an einem Wasserhahn die Hände.
Quelle: Adam Ján Figeľ, Adobe Stock Kinder aus Uganda waschen sich an einem Wasserhahn die Hände.

Wir sprachen zunächst mit Dr. Johannes Cullmann. Der Hydrologe war zuvor Leiter der Abteilung Wasser und Klima bei der Weltorganisation für Meteorologie, bevor er im Januar dieses Jahres die Leitung der neu eingerichteten Stabsstelle für internationale Vernetzung an der BfG übernahm. Die BfG möchte mit seiner Hilfe die internationale Zusammenarbeit der Behörde intensivieren und sich mit neuen Partnern global vernetzen. Johannes Cullmann erklärt in dem nachfolgenden Interview, wie die BfG durch die stärkere globale Vernetzung das Ziel, „Wasser für den Frieden“ zu nutzen, unterstützen kann.

Dr. Martin Labadz, BfG Öffentlichkeitsarbeit:

Was bedeutet das Motto des diesjährigen Weltwassertages „Water for Peace - Wasser für Frieden“ für Sie?

Dr. Johannes Cullmann, BfG Stabsstelle internationale Vernetzung:

Für mich ist Wasser für Frieden auch aus meiner persönlichen Erfahrung, die ich in den letzten Jahren während meiner Tätigkeit bei der Weltorganisation für Meteorologie der Vereinten Nationen machen konnte, ein wichtiges Thema. Wasser hat neben der ökonomischen und ökologischen auch eine politische Relevanz. Es wird oft als Konfliktstoff wahrgenommen. In Wirklichkeit kann man aber mithilfe von Wasser auch Frieden stiften. Das funktioniert jedoch nur durch eine enge Zusammenarbeit von einzelnen Ländern und eine damit verbundene gut durchdachte Wasserpolitik. Daher finde ich es gut, dass dieses Jahr das Thema Frieden beim Weltwassertag thematisiert wird und es so hoffentlich das Bewusstsein für eine friedliche Zusammenarbeit zwischen Ländern fördert.

Sie sprachen das Konfliktpotenzial aber auch die Chance der Ressource Wasser an, Frieden zu schaffen. Wie kann das funktionieren?

Die sinnvolle, friedliche, gute Zusammenarbeit im Wasserbereich ist essenziell für unseren gesellschaftlichen Wohlstand. Und hier sehe ich eine wichtige Verbindung zu dem Motto „Wasser für Frieden“. Dieser Wohlstand entsteht, wenn Länder sich zusammentun, um ihre Ressourcen gemeinsam zu optimieren. Die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins und die einzelnen Flussgebietsgemeinschaften, darunter die des Rheins oder der Elbe, sind Beispiele für eine gute Zusammenarbeit der Anrainer-Länder innerhalb eines Flusseinzugsgebiets, die Ressource Wasser gemeinsam ökonomisch aber auch ökologisch zu nutzen und somit den Friedensaspekt von Wasser zu unterstützen.

Die globale Vernetzung ist also wichtig, um die Ressource Wasser zukunftssicher zu machen. Wie stellt sich die BfG hierbei auf?

Die BfG hat erst kürzlich eine Stabsstelle für internationale Vernetzung eingerichtet. Im Moment arbeiten wir daran, mehr Kontakte zu knüpfen und weitere Netzwerke aufzubauen, zum Beispiel zur Europäischen Kommission und anderen internationalen operationellen Diensten, wie Wetter- oder hydrologischen Diensten. Zunächst konzentrieren wir uns hierbei auf Europa, werden aber langfristig auch Dienste aus Ländern außerhalb Europas einbinden. Das Ziel ist, einen besseren Wissensaustausch bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu schaffen, der die Arbeit der BfG effizienter macht und unsere Integration auf nationaler und europäischer Ebene fördert. Je mehr wir in der deutschen und internationalen Forschungslandschaft verankert sind und je mehr wir mit unseren Partnern zusammenarbeiten und diskutieren, desto besser können wir dann auch unseren Politikerinnen und Politikern Entscheidungsgrundlagen liefern.

Gibt es konkrete Beispiele, wie die BfG auf internationaler Ebene bereits jetzt schon agiert?

Die BfG leistet enorm wichtige Beiträge zu dem Thema „Internationale Zusammenarbeit“. Hierunter fällt zum Beispiel das ICWRGC, also das Internationale Zentrum für Wasserressourcen und Globalen Wandel. Dieses ist in der BfG angesiedelt, genauso wie die drei Weltdatenzentren Global Terrestrial Network – Hydrology der WMO, Global Environment Monitoring System for Freshwater der Vereinten Nationen und International Soil Moisture Network. Hier arbeiten BfG, ICWRGC und die Datenzentren eng zusammen, um die Bereitstellung von hydrologischen und Klimadaten und Informationen zu ermöglichen. Diese Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen und dieses Vertrauen ist wichtig, und macht das ICWRGC hier in Koblenz zu einem essenziellen Baustein für die internationale Vernetzung.

Die internationale Zusammenarbeit der BfG mit ihren Partnern wird also schon innerhalb der Behörde gelebt. Im nachfolgenden Interview erklärt der stellvertretende Leiter des ICWRGC, Dr. Stephan Dietrich, was für ihn persönlich aber auch für das Zentrum das Motto „Wasser für Frieden“ bedeutet und wie sich das ICWRGC an der BfG positioniert hat, wenn es um die internationale Vernetzung und die friedliche Nutzung der Ressource Wasser geht.

Dr. Martin Labadz, BfG Öffentlichkeitsarbeit:

Was bedeutet das Motto des diesjährigen Weltwassertags Water for Peace oder Wasser für Frieden für Sie persönlich?

Dr. Stephan Dietrich, ICWRGC:

Wasser ist eine natürliche Ressource, für die es verschiedene Interessengruppen oder auch Sektoren gibt. Wasser ist dabei auch oft in einem geopolitischen Kontext zusehen. Und hier kommt das Wort Frieden ins Spiel. Besonders wichtig dabei ist, dass wir die Kooperation mit nationalen und internationalen Partnern stärken müssen, was man unter den Begriff „Water Stewartship“ zusammenfassen kann. Die unterschiedlichen Wassernutzer müssen sich darüber im Klaren sein, dass alle Beteiligten Vorteile haben können, wenn Wasser nicht nur für einen einzelnen Sektor da ist, sondern untereinander geteilt wird. Sharing is caring – diese Einstellung teilen auch die Autorinnen und Autoren des aktuellen UN-Weltwasserreports. Wir teilen das Wissen, wir teilen die Ressource Wasser, und den Umgang damit. Das ist auch mein persönliches Motto bei meiner Arbeit im ICWRGC.

Eng verbunden mit dem Friedensaspekt des Wassers ist der Begriff Wassersicherheit. Was kann man sich darunter vorstellen?

Unter Wassersicherheit versteht man die kontinuierliche Verfügbarkeit von und den ungehinderten Zugang zu qualitativ hochwertigem Wasser, um Gesundheit, Lebensgrundlagen und sozioökonomische Entwicklung zu gewährleisten und Ökosysteme zu erhalten. Wassersicherheit ist also ein Querschnittsthema. Das heißt, es betrifft viele verschiedene Sektoren, wie zum Beispiel unser Trinkwasser, die Nahrungsmittelproduktion oder den Transportsektor. Wenn wir nicht genügend Wasser haben, egal ob Grundwasser oder Wasser für die Industrie oder Ähnliches, dann können Interessenskonflikte entstehen. Und die Ursachen dafür sind vielfältig. Da wäre zum einen der Klimawandel. Dieser beeinflusst die kontinuierliche Verfügbarkeit von Wasser und auch den Zugang zu qualitativ hochwertigem Wasser durch veränderte Niederschlagsmuster und Niederschlagsmengen. Ein weiterer Aspekt, der die Wassersicherheit beeinflussen kann, ist unsere Lebensweise, also wie wir unsere Umwelt und somit auch unsere Gewässer verschmutzen oder ineffizient nutzen. Einer der wichtigsten Indikatoren ist hier der Wasserstress, also wenn die gesamte Wasserentnahme eines betrachteten Jahres mehr als 20 Prozent des langjährigen mittleren Wasserdargebots beträgt. Heute leidet bereits ein Viertel der Weltbevölkerung darunter und verbraucht zum Teil mehr als 80 Prozent des jährlichen erneuerbaren Frischwasservorrats vor Ort. Ebenfalls bedenklich ist der jährlich ansteigende Frischwasserverbrauch, der in der Zukunft ein steigendes Konfliktpotenzial haben könnte.

Welchen Beitrag leistet dabei das ICWRGC?

Das ICWRGC ist in drei Bereichen aktiv: Wir unterhalten zusammen mit der BfG im operationellen Betrieb eigene Datenzentren, wie schon von Herrn Dr. Cullmann erwähnt. Zum einen das GEMS/Water Data Center für globale Wasserqualitätsdaten. Neu hinzugekommen ist das Internationale Bodenfeuchtenetzwerk ISMN. Wiederum direkt an der BfG angesiedelt, und das bereits seit mehr als drei Jahrzehnten, ist das Global Data Center, kurz GRDC, mit dem das Zentrum eng zusammenarbeitet. Im GRDC werden weltweite Abflussdaten von Flüssen zusammengetragen. Auf der anderen Seite hat das ICWRGC als UNESCO-Zentrum auch ein Forschungsmandat und arbeitet unter anderem an globalen Dürrevorhersagen. Das alles, also Daten zu Abfluss, Wasserqualität und Bodenfeuchte, aber auch der Wissenstransfer aus dem Bereich der Forschung, stellen wir zum Beispiel der WMO zur Verfügung. Diese arbeitet sehr stark im Klima- und Wassersektor. Zudem unterstützen wir die wissenschaftliche Ausbildung und das Capacity Development, also Bildung und Hilfe zur Selbsthilfe. So ist das ICWRGC an zwei Projekten in Westafrika und Südafrika beteiligt, wo wir unter anderem Graduiertenschulen zum Thema integriertes Wasserressourcenmanagement und Datenmanagement unterstützen. Einen weiteren wichtigen Beitrag zum Thema Wassersicherheit leisten wir durch unsere Politikberatung.

In welchen aktuellen Projekten arbeitet das ICWRGC gerade mit?

Wir entwickeln gerade für die WMO einen Dienst zum Dürremonitoring und zur saisonalen Dürrevorhersage. Diesen gibt es derzeit noch nicht als globalen Dienst. Es ist ein Projekt, bei denen wir versuchen, Wissenschaft in den operationellen Betrieb zu überführen. Zudem unterstützen wir schon seit einiger Zeit die Wasserstrategie der Vereinten Nationen. Unsere Aufgabe hierbei ist es, die Datenlücken zu schließen, die es noch bei Daten wie Abflussmenge oder Wasserqualität gibt. Gerade im globalen Süden, also in zahlreichen Ländern in Afrika oder Asien, fehlen aus den unterschiedlichsten Gründen diese wichtigen Beobachtungsdaten. Ein weiteres Beispiel zu unserer internationalen Vernetzung ist das Projekt „Green Central Asia“. Das ist eine Initiative vom Auswärtigen Amt, und dabei kooperieren wir auch sehr stark mit der GIZ, also der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, dem GFZ, dem Geo-Forschungszentrum und auch anderen Partnern. Und auch hier spielt der Datenaustausch von Wasserdaten und Beobachtungsdaten eine große Rolle.

Das ICWRGC als global vernetzte Einrichtung ist an der Bundesanstalt für Gewässerkunde angesiedelt, in deren Fokus die Bundeswasserstraßen liegen. Wie profitieren beide Seiten mit diesen unterschiedlichen Ausrichtungen von der Zusammenarbeit?

Das ICWRGC sieht sich als „internationaler Arm“ der BfG mit direkter Verbindung zu den Vereinten Nationen. Dort nehmen wir verschiedene Rollen wahr. Es begann alles 1974 mit dem Sekretariat für das ehemalige Intergovernmental Hydrologie Programm der UNESCO. Vor 10 Jahren entstand dann daraus das ICWRGC. Im gleichen Jahr wurde dann auch das globale Wasserdatenzentrum GEMS/Water des Umweltprogramm der UN bei uns angesiedelt. Wir feiern dieses Jahr also zahlreiche runde Jubiläen. Zudem unterstützen wir die BfG bei der Beratung der WMO, denn die Behörde ist der hydrologische Berater Deutschlands für die internationale Organisation. Das ICWRGC wiederum nutzt die Ausstattung der BfG, das heißt, wir teilen uns die Verwaltung und die technische Infrastruktur. Zudem sind wir fachlich stark vernetzt, sei es beim Thema Wasserquantität und -qualität aber auch bei allen Fragen rund um Datenmanagement und Datenbanken.

Gemeinsame Datengrundlage ist wichtig

Die zwei BfG-Experten Cullmann und Dietrich haben gezeigt, dass die BfG bereits schon jetzt ein sehr weitläufiges Netzwerk von Partnern überall auf der Welt aufgebaut hat, und dieses in Zukunft vergrößern möchte. Beide Wissenschaftler betonen, wie wichtig es ist, eine gemeinsame globale Datengrundlage zu schaffen und wie das die friedliche Nutzung von Wasserressourcen stärken kann. BfG und ICWRGC kooperieren dabei mit vielen verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen in England und Irland wie auch in Afrika und in sämtlichen anderen Teilen der Welt. Stephan Dietrich betont, wie wichtig der gemeinsame Datenaustausch ist: What we do not measure, we cannot manage. Wir können das, was wir nicht messen, auch nicht beeinflussen.

Das komplette Interview zum Weltwassertag gibt es als Podcast-Folge auf unser Internetseite oder auf:

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Redaktionelle Mitarbeit:

Johanna Horchler, Susanne Schäfer, Martin Labadz

Pressestelle

Dominik Rösch
Dr. Martin Labadz
Susanne Schäfer
Dr. Sebastian Kofalk (Pressesprecher)

E-Mail: E-Mail-Adresse * presse@bafg.de

Telefon: 0261/1306-5000

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