Biotoptypenkartierung

Die flächendeckende Kartierung der Biotoptypen ist eine Grundlage für fast alle Umweltgutachten, die für Unterhaltung und Ausbau der Bundeswasserstraßen erforderlich sind. Die Ergebnisse der zahlreichen, bisher durchgeführten Kartierungen sind in Abhängigkeit vom Jahr der Erhebung, verwendeter Methodik und gewähltem Maßstab sehr unterschiedlich.

Biotopkartierung
Kartierungsbeispiele

Das Referat U3 arbeitet an einheitlichen Vorgaben zu Methodik und Qualität der Bestandserhebungen und suchen nach innovativen Erfassungsmethoden. Die meisten Erhebungen werden für spezielle Vorhaben oder Fragestellungen angefertigt. Unser Ziel ist es, die Qualität dieser Kartierungen zu sichern und – soweit möglich – ihre Vergleichbarkeit anzustreben. Beispiele für aktuelle Aktivitäten unseres Referates in diesem Bereich sind:

  • Biotoptypenkatalog an Bundeswasserstraßen
  • Bewertungsrahmen für das Schutzgut Pflanzen
  • Pilotprojekt zur automatisierten Biotoptypen-Klassifizierung mit hochauflösenden multispektralen Scannerdaten aus dem Flugzeug

Biotoptypenkatalog an Bundeswasserstraßen

Für die Vergleichbarkeit ist es von Vorteil, wenn die Erfassung der Biotoptypen mit einem möglichst bundesweit einheitlichen Kartierschlüssel erfolgt. Dafür haben wir im Referat U3 einen entsprechenden Biotoptypenkatalog, den "Biotoptypenschlüssel für die Biotoptypenkartierung an Bundeswasserstraßen und angrenzender Gebiete", erarbeitet. Der Kartierschlüssel basiert auf der Standardbiotoptypenliste des Bundesamtes für Naturschutz (RIECKEN et al. 2003) und wurde an die besonderen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen angepasst. Dabei spielten folgende Aspekte eine Rolle:

  • Die Verhältnisse an Gewässern mit einer Vielzahl von Biotoptypen und Nutzungsintensitäten in ihrer kleinräumigen Abfolge erfordern einen umfangreichen Biotoptypenkatalog, der die Komplexität der Landschaft befriedigend abbilden kann
  • Zu grobe Biotoptypenschlüssel führen bei einer Vielzahl von Bearbeitern, Untersuchungsgebieten und Fragestellungen zu individuellen Anpassungen des Schlüssels an die Gegebenheiten im Gelände. Je nach Bearbeiter, dessen Kenntnissen und Motivation entstehen so Kartierungen mit unterschiedlichen Detaillierungsgrad. Mit klaren Vorgaben soll hier eine Harmonisierung erreicht werden

Der Biotoptypenkatalog wurde bisher vor allem bei der Aufstellung von Unterhaltungsplänen und beim Monitoring von Kompensationsflächen angewendet. Seine Erarbeitung ist ein offener Prozess, in den laufend Anpassungen einfließen können - sei es aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse oder örtlicher Erfordernisse.

Bewertung der Vegetation

Beispiel für eine Karte
Beispiel für eine Karte nach dem Biotoptypenkatalog für die Biotoptypenkartierung an Bundeswasserstraßen und angrenzender Gebiete (BfG) mit Bewertung. Von den fünf möglichen Bewertungsstufen sind für die Biotoptypen im Kartenausschnitt drei Wertstufen vergeben worden. (WS: Wertstufe)

Für die Erstellung von Umweltgutachten, insbesondere für UVU, hat die BfG eine einheitliche fünfstufige Bewertungsmethode für die einzelnen Schutzgüter erarbeitet. Dabei hat das Referat U3 die Bewertungskriterien für das Schutzgut Pflanzen entwickelt und die einzelnen Stufen fachlich ausgearbeitet. Folgende Kriterien sind in diesem Bewertungsrahmen enthalten:

  1. Natürlichkeit
  2. Seltenheit / Gefährdung der Pflanzengesellschaft / des Biotoptyps
  3. Seltenheit / Gefährdung der Arten
  4. Ausprägung / Struktur / Ökologische Funktion
  5. Zeitliche / räumliche Regenerierbarkeit
  6. Repräsentanz

Die Bewertungskriterien sind in der Regel mit einer jeweils fünfstufigen Skala verknüpft. Bei den Kriterien 2 und 3 sind sowohl die regionale als auch die überregionale Bedeutung zu berücksichtigen. In der Gesamtbewertung wird jeder Pflanzengesellschaft bzw. jedem Biotoptyp eine von fünf möglichen Wertstufen zugeordnet. Damit liegt die Grundlage für eine möglichst einheitliche Bewertung der Biotope entlang der Bundeswasserstraßen vor, siehe UVP-Leitfaden, Anlage 4.

Automatisierte Klassifizierung von Biotoptypen

Echtfarbluftbild und transluzente Darstellung
Links: Echtfarbenluftbild, Darstellung der Kanäle Rot, Grün und Blau (HRSC-AX-Luftbild, 2002). Rechts: Klassifizierung, Überlagerung mit Schwarzweiß-Luftbild

Zur bodengebundenen Kartierung "per pedes" gibt es eine kosten- und zeitsparende Alternative, nämlich die Untersuchung eines Gebietes aus der Luft (Fernerkundung). Früher war eine Serie von Lufbildern auf Film im Infrarot- oder sichtbaren Bereich das Ergebnis einer Befliegung. Heute werden Sensoren verwendet, die das Gelände gleichzeitig in verschiedenen Spektralbereichen abtasten. Die so gewonnenen Daten bieten sich für die automatisierte, computergestützte Auswertung an, erlauben vielfältige Interpretationsmöglichkeiten und sind auch für die Biotoptypenkartierung nutzbar. Digitale, multispektrale und hochauflösende Luftbildsensoren sind heute in der Praxis etabliert. Die BfG nutzt das Potenzial solcher Daten zur computergestützten Auswertung bereits seit 1999, also ca. vier Jahre bevor der erste kommerzielle Sensor eingeführt wurde. Als Teil der Beweissicherung zum 14,5 m – Ausbau der Unter- und Außenelbe wurde ein Pilotprojekt mit dem Ziel gestartet, die automatisierte Klassifizierung von Biotoptypen auf der Grundlage von hochauflösenden multispektralen Scannerdaten zu erproben. Projektpartner waren das WSA Hamburg, das Institut für Umweltwissenschaften (IUW) der Hochschule Vechta und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Mit der High Resolution Stereo Camera-Airborne (HRSC-A), einer vom DLR für die Mission Mars96 entwickelten Kamera, wurden drei Testgebiete beflogen, die Daten anschließend prozessiert und klassifiziert. Das IUW entwickelte eine Methode zur weitgehend automatisierten Erfassung und Abgrenzung der Biotoptypen.

Die Auswertung ergab eine größtenteils sehr exakte Wiedergabe der Vegetationseinheiten und –grenzen. Die während des Pilotprojekts entwickelte Methode stellt eine neue Qualitätsstufe der flächenhaften Biotoptypenaufnahme dar und ermöglicht vergleichende Bestandserhebungen – z. B. in jährlichen Abständen – auch für sehr große Gebiete. Das können rein terrestrische Kartierungen kaum leisten. Die Technik wurde in den Jahren 2000, 2001, 2002, 2006 und 2010 zur Beweissicherung an der Unterelbe erfolgreich eingesetzt und weiter verbessert. Auch das WSA Bremerhaven hat 2002 und 2008 eine derartige Kampagne durchgeführt. Mit der Einführung verschiedener kommerzieller Sensoren, neuer Software und entsprechend angepasster Methoden zur Auswertung der Daten (Segmentierungsverfahren, Nachbarschaftsanalysen) haben sich die Klassifikationsergebnisse seitdem weiter verbessert. Voraussetzung für die Erfassung der Vegetationsflächen ist allerdings, dass sich die Vegetationseinheiten anhand ihrer spektralen Eigenschaften eindeutig unterscheiden. Die Auswertung nach spektralen Eigenschaften kann in bestimmten Fällen erschwert sein, z. B. wenn gleichzeitig ein blühender und nicht blühender Aspekt einer Vegetationseinheit vorhanden ist. Eine gesicherte Verifizierung und eine vegetationskundliche Bewertung kann also nur vor Ort im Gelände durch erfahrenes Fachpersonal vorgenommen werden. Die computergestützte Klassifizierung bietet bei dieser Aufgabe eine hervorragende Methode zur Vorauswahl und Flächenabgrenzung, auch in schwer zugänglichem und nicht überschaubarem Gelände.

Contact

Dr. Andreas Sundermeier Dipl.-Geoökol.

Vegetationsökologe Vegetation Ecologist

Referat U3 Vegetationskunde, Landschaftspflege

Phone: +49 261 1306-5151

E-Mail * sundermeier@bafg.de

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