Vorhersagen

Verkehrsbezogene Wasserstandsvorhersage

Ein niedriger Wasserstand bedeutet geringe Wassertiefen und beschränkt so den möglichen Tiefgang und die Ladefähigkeit der Schiffe. Eine genaue Wasserstandsvorhersage ermöglicht es, noch während des Beladens eines Schiffes die auf der Fahrstrecke zu erwartenden Wasserstände einzukalkulieren. Dies erlaubt – neben einem Sicherheitsgewinn – eine bessere Ausnutzung des Schiffsraums und steigert die Wirtschaftlichkeit des Verkehrsträgers Binnenschiff. Längerfristige Vorhersagen unterstützen insbesondere die Logistikplanung und helfen, damit verbundene Produktions- und Geschäftsprozesse weiter zu optimieren. Aber auch bei hohen Wasserständen kann es zu Einschränkungen des Schiffsverkehrs – z. B. bei der Durchfahrt unter Brücken - kommen, die mitunter bis zur Sperrung einer Bundeswasserstraße führen. Darüber hinaus ist bei einem Hochwasser die aktuelle Vorhersage der Wasserstandsentwicklung unverzichtbar. Sie hilft den betroffenen Menschen, rechtzeitig ihr Hab und Gut zu schützen und ist Grundlage für Entscheidungen der zuständigen Behörden, z. B. im Katastrophenschutz. Die Hochwasservorhersage liegt, auch an den Bundeswasserstraßen, in der Verantwortung der Bundesländer (siehe Länderübergreifendes Hochwasserportal).

Containerschiffe auf dem Rhein bei niedrigem und hohem Wasserstand
Source: Bundesanstalt für Gewässerkunde Containerschiffe auf dem Rhein bei niedrigem (links) und hohem Wasserstand (rechts)

Die BfG entwickelt, pflegt und betreibt im Auftrag des BMDV und der WSV seit mehreren Jahrzehnten verkehrsbezogene Vorhersagemodelle und -systeme für die Binnenwasserstraßen. Diese sind bereits seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts gemeinsam mit der WSV im operationellen Einsatz. Operationelle hydrologische Vorhersagen sind eine der wesentlichen Voraussetzungen für die effiziente Nutzung sowie ein optimiertes Management der freifließenden Binnenwasserstraßen, insbesondere in Niedrigwasserphasen. Die Vorhersagesysteme der BfG sind für die verschiedenen Wasserstraßen und die dortigen Anforderungen individuell konfiguriert. Sie verknüpfen die für die Vorhersageberechnung erforderlichen Eingangsdaten (hydrologische und hydrometeorologische Messdaten, meteorologische Vorhersagen etc.) mit den jeweiligen Vorhersagemodellen (hydrologische, hydrodynamische, statistische Modelle). Ziel ist es jeweils, mit hoher Verlässlichkeit qualitätsgesicherte Vorhersagen bereitstellen zu können.

Vorhersage-Produkte

Die hydrologischen Vorhersagen des Bundes für die Wasserstraßen werden in unterschiedlicher Form dargestellt und an die Nutzer kommuniziert. Der Hauptgrund für die Unterschiede zwischen den Vorhersage-Produkten liegt in der variierenden Länge des Vorhersagezeitraums und den sich damit verändernden Vorhersageunsicherheiten, die in der Regel mit zunehmender Vorhersagelänge deutlich anwachsen.

Kurzfristvorhersagen (wenige Tage bis zu 1 Woche) werden derzeit als Absolutwerte in hoher zeitlicher Auflösung (stündliche bzw. zweistündliche Werte) in grafischer und tabellarischer Form veröffentlicht. Den steigenden Unsicherheiten bei längerfristigen Vorhersagen wird zum einen Rechnung getragen, indem die zeitliche Auflösung von stündlichen Termin- auf Tagesmittelwerte (14-Tage-Vorhersage Rhein) oder auch Wochenmittelwerte (6-Wochen-Vorhersage Rhein und Elbe) vergröbert wird. Auch auf Nutzerseite sinkt mit zunehmender Länge des Planungshorizonts die Erfordernis, stundenscharf zu disponieren. Zum anderen wird bei längerfristigen Vorhersagen die Unsicherheit in Form von Über- bzw. Unterschreitungswahrscheinlichkeiten in der jeweiligen Situation explizit sichtbar gemacht, was den Nutzer in die Lage versetzt, Entscheidungen gemäß seines individuellen Sicherheitsbedürfnisses bzw. einer Risikoabschätzung zu treffen. Solche wahrscheinlichkeitsbasierten Vorhersagen liegt nicht nur eine einzige (vermeintlich beste) Vorhersage zu Grunde, sondern es werden, ausgehend von der Wettervorhersage, eine Vielzahl möglicher Einzelvorhersagen (ein sog. „Ensemble“) betrachtet. Weitere Unsicherheitsquellen werden dabei mit Hilfe von nachgeschalteten statistischen Modellen quantifiziert und berücksichtigt.

Die BfG forscht und entwickelt an Vorhersagen, die auch über 6 Wochen hinausgehen. Solche „saisonalen Vorhersagen“ bedürfen einer nochmals angepassten Darstellungsform. Die zeitliche Auflösung der Prognosen wird weiter vergröbert (Monatswerte) und es werden vorrangig Anomalien, d.h. Abweichungen gegenüber einem beobachteten Referenzzustand, dargestellt (z. B. „höhere/niedrigere Wasserstände als im Mittel der vergangenen 30 Jahre“).

Vorhersage-Gebiete

Karte
Source: Bundesanstalt für Gewässerkunde Einsatzgebiete der verkehrsbezogenen Vorhersagesysteme des Bundes

Die Vorhersage-Systeme des Bundes für die Binnenwasserstraßen decken rund 3.000 km Gewässerstrecke und knapp 420.000 km² Einzugsgebietsfläche im In- und Ausland ab. Genutzt werden die Vorhersagen sowohl von den Nutzern der Wasserstraßen als auch durch die Wasserstraßenverwaltung zur Unterstützung eines vorausschauenden Managements. Neben Wasserständen und Abflüssen werden für ausgewählte Kanäle (Mittellandkanal, Elbe-Havel-Kanal, Elbeseitenkanal) in den Wintermonaten Eisfrühwarnungen und -vorhersagen erstellt, um die dortige Eisbekämpfung durch die WSV zu unterstützen.

Rhein

Die BfG erstellt die BfG operationell die Niedrig- und Mittelwasservorhersagen für die Bundeswasserstraße Rhein. Die Vorhersage erfolgt werktäglich für die sieben Rheinpegel Oestrich, Kaub, Koblenz, Köln, Düsseldorf, Ruhrort und Emmerich. Fällt der Wasserstand am Pegel Ruhrort unter die Marke von 4 Metern, wird die Vorhersage auch an Wochenenden und Feiertagen berechnet. Die Veröffentlichung erfolgt über den elektronischen Wasserstraßen-Informationsservice ELWIS und wird der Schifffahrt direkt via nautischem Informationsfunk übermittelt. Im September 2008 wurde der Vorhersagezeitraum für sämtliche Pegel von 2 auf 4 Tage ausgedehnt, um in erster Linie der Schifffahrt eine wirtschaftlichere Nutzung der vom Wasserstand abhängigen Ladekapazitäten zu ermöglichen. Zusätzlich leistet dies einen Beitrag zur weiteren Erhöhung der Verkehrssicherheit. Seit Dezember 2019 existiert zusätzlich eine wahrscheinlichkeitsbasierte 10-Tage-Vorhersage, die im Juli 2022 auf 14 Tage verlängert wurde.

Das Vorhersagesystem

Herzstück des Vorhersagesystems für den Rhein ist ein eindimensionales hydrodynamisches Modell, das die Wasserbewegung im Rhein unterhalb von Karlsruhe und in den Nebenflüssen Main und Mosel berechnet. Die zweite wichtige Komponente des Vorhersagesystems ist ein Niederschlag-Abfluss-Modell, mit dessen Hilfe das gesamte Rheineinzugsgebiet bis zur deutsch-niederländischen Grenze (ca. 160.000 km²) abgebildet ist. Dieses flächenhafte Modell berechnet die Zuflüsse zum Rhein als Reaktion auf bereits gefallenen sowie vorhergesagten Regen bzw. schmelzenden Schnee. Das Modell berücksichtigt eine Vielzahl von Teilprozessen – wie z.B. die Infiltration und die Verdunstung – und weitere Einflussfaktoren – wie z.B. Landschaftsform, Landnutzung (bebaute Gebiete, Wald, Wiesen,…), Bodenfeuchte und Bodenarten. Durch den kontinuierlichen Betrieb ist das Niederschlag-Abfluss-Modell in der Lage, das Wettergeschehen vorangegangener Tage (hydrologische Vorgeschichte) in die Berechnung der aktuellen Situation einzubeziehen.

Die Eingangsdaten

Die Menge der kontinuierlich zu sammelnden Eingangsdaten für ein Vorhersagesystem dieser Größenordnung ist umfangreich. Neben den Wasserstands- bzw. Abflusswerten von ca. 50 Pegeln fließen derzeit online stündliche Messdaten von über 1000 Wetterstationen im in- und ausländischen Einzugsgebiet des Rheins sowie die Wettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstes in die Berechnungen ein. Das System führt den Import, die Konvertierung und Archivierung der Daten vollständig automatisiert, d.h. ohne Bedienung durch den Menschen durch. Außerdem unterstützt das speziell konfigurierte Vorhersagesystem das hydrologische Fachpersonal bei der Plausibilisierung der Eingangsdaten sowie der berechneten Vorhersagen. Bei Hochwasser stellen die mehrmals täglich von den regional zuständigen Hochwasservorhersage- und -meldezentralen der Bundesländer bereitgestellten Vorhersagen die aktuelle, amtliche Information über die Wasserstandsentwicklung in den kommenden Tagen dar.

Elbe

Bei Niedrig- und Mittelwasser berechnet das Wasser- und Schifffahrtsamt Elbe in Magdeburg werktäglich die Wasserstandsvorhersage und veröffentlicht diese unter anderem in ELWIS, dem Elektronischen Wasserstraßen-Informationsservice des Bundes. Bei Hochwasser erfolgt die Berechnung der Vorhersage in den jeweiligen Landesbehörden, welche auch für die Veröffentlichung zuständig sind. Für den sächsischen Teil der Elbe ist dies das Landeshochwasserzentrum (LHWZ) des Freistaates Sachsen, für die restliche Strecke bis Geesthacht die Hochwasservorhersagezentrale (HVZ) Elbe des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt.

Vorhersagesystem

Um Vorhersagen für die Elbe von Schöna bis Geesthacht zu ermöglichen, hat die BfG für das Vorhersagesystem ein eindimensionales hydrodynamisches Modell für die Elbestrecke zwischen Ústí n.L. und Zollenspieker aufgebaut. Die Modellierung der Saale ab Naumburg und der Havel unterhalb Rathenow sind weitere Bestandteile des Vorhersagesystems. Um die Rückstaueffekte in den Mündungsbereichen abbilden zu können, wurde zusätzlich die Mulde ab Golzern im Modell integriert. Insgesamt ergibt sich somit eine Modellstrecke von über 1000 km.

Datengrundlage

Datengrundlage des Modells ist ein hochaufgelöstes Digitales Geländemodell des Wasserlaufes zwischen den Deichen, welches in Zusammenarbeit von Bund und Ländern entstand. Es umfasst die Abschnitte der Elbe von der Deutsch-Tschechischen Grenze bis zum Wehr Geesthacht, der Saale unterhalb von Calbe, der Havel unterhalb von Rathenow und die Havelpolder.

Geschichte

An der Elbe wurde bereits seit Mitte der 1980er Jahre das Zentralmodell Elbe und ab 1995 das von der BfG entwickelte Nachfolgemodell ELBA zur täglichen Wasserstandsvorhersage betrieben. Bereits vor dem Elbe-Hochwasser vom August 2002 liefen die ersten Planungen zur Erstellung von WAVOS Elbe. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger ELBA kann WAVOS aufgrund der Verwendung des eindimensionalen hydrodynamischen Modells Rückstaueffekte, Polderflutungen und Deichbrüche bei der Berechnung der Vorhersage berücksichtigen. Am 28.11.2002 wurde eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich aus Vertretern der sieben an die Elbe angrenzenden Bundesländer (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg), der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) zusammensetzt. Aufgabe dieser Arbeitsgruppe war die Begleitung des Aufbaus des hydrodynamischen Modells und eines neuen Vorhersagesystems. Das Ergebnis, WAVOS Elbe, wurde seit Januar 2007 sukzessive in den einzelnen Vorhersagezentralen der Elbe eingeführt. Nach Aktualisierung des digitalen Geländemodells ist die Umstellung auf das Modellsystem SOBEK geplant.

Donau

Die BfG erstellt und automatisiert Niedrig- und Mittelwasservorhersagen für die vier Pegel Pfelling, Deggendorf, Hofkirchen und Vilshofen entlang der frei fließenden Donaustrecke Straubing-Vilshofen. Die Vorhersage erfolgt täglich und wird u. a. im Elektronischen Wasserstraßen-Informationsservice ELWIS veröffentlicht. An den Pegeln Pfelling und Deggendorf werden die Wasserstände jeweils einen Tag vorhergesagt und ein weiterer Tag als Abschätzung veröffentlicht. Für die Pegel Hofkirchen und Vilshofen werden seit März 2012 um einen bzw. zwei Tage erweiterte Vorhersage-/Abschätzungszeiträume bereitgestellt. Steigen die Wasserstände über die Meldehöhen, wird die Vorhersage von der Hochwasservorhersagezentrale (HVZ) Donau des Hochwassernachrichtendienstes in Bayern berechnet und veröffentlicht. Im Hochwasserfall erstellt die HVZ je nach mehrmals täglich Vorhersagen für die betroffenen Pegel.

Vorhersagesystem

Das aktuelle Vorhersagemodell der Donau besteht aus zwei Komponenten. Während der rund 170 km lange Abschnitt zwischen Neu-Ulm und Kehlheim über einen statistischen Ansatz (Künstliches Neuronales Netz) abgebildet wird, kommt für die rund 200 km lange Bundeswasserstraße Donau (Kehlheim bis Staustufe Jochenstein) ein eindimensionales hydrodynamisches Modell zum Einsatz. Beide Modellkomponenten benötigen neben aktuellen Messwerten Zuflussvorhersagen für die Nebenflüsse, welche der Hochwassernachrichtendienst Bayerns der BfG operationell zur Verfügung stellt.

Edertalsperre und Weser

Die WSV ist zuständig für die Bewirtschaftung der bundeseigenen Edertalsperre, an die viele unterschiedliche Nutzungsansprüche gestellt werden. Um den Bewirtschaftungszielen bestmöglich gerecht zu werden, ist eine vorausschauende Planung der Wasserabgabe aus der Talsperre erforderlich. Dazu ist beim WSA Weser in Hann. Münden seit mehreren Jahren ein Vorhersagesystem im operationellen Einsatz, dessen zentrale Komponenten ein Niederschlag-Abfluss- sowie ein Bewirtschaftungsmodell sind. Ergänzt wird es durch ein modellgestütztes prädiktives Optimierungssystem, welches die Zuflussvorhersagen berücksichtigt und das WSA dabei unterstützt, die Talsperrenabgabe der kommenden Tage möglichst optimal zu planen. Eine Erweiterung auf die Diemeltalsperre ist seit 2023 in Vorbereitung.

Ein Vorhersagesystem für die Ober- und Mittelweser befindet sich aktuell (2023) im Aufbau. Es soll zukünftig Niedrig- und Mittelwasser in der Oberweser sowie die Überschreitung des Höchsten Schifffahrtswasserstands in Ober- und Mittelweser vorhersagen. Das System umfasst ein Wasserhaushaltsmodell des gesamten Wesergebiets bis zur Tidegrenze sowie eindimensionale hydrodynamische Modelle von Fulda, Werra, Ober- und Mittelweser.

Nord-Ostsee-Kanal

Der Nord-Ostsee-Kanal gehört zu den meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt. Um einen reibungslosen Betrieb und Schiffsverkehr zu gewährleisten, ist eine operative vorausschauende Wasserbewirtschaftung des Kanals erforderlich, was durch ein Vorhersagesystem unterstützt wird. Es besteht aus einem Wasserhaushaltsmodell, welches die Zuflüsse aus dem Einzugsgebiet zum NOK infolge der hydrometeorologischen Einflüsse berechnet, sowie einem eindimensionalen hydrodynamischen Model des Kanals. Letzeres bildet insbesondere die Entwässerungsbauwerke an beiden Kanalrändern ab, um für verschiedene Entwässerungskapazitäten die Wasserstandsverläufe im Kanal zu ermitteln.

Eider

Im Rahmen des Projekts „Zukunft Eider“, einer Kooperation zwischen dem Bund, dem Land Schleswig-Holstein und den zuständigen Wasser- und Bodenverbänden, werden derzeit die Daten- und Modellgrundlagen geschaffen, um perspektivisch ein operationelles Vorhersagesystem für die Wasserbewirtschaftung des Eider-Treene-Gebiets aufzubauen.

Weiterführende Informationen im BfG-Fachglossar

Vorhersagesystem

Vorhersagegenauigkeit

Contact

Dennis Meißner Dipl.-Ingenieur (Bauingenieurwesen)

Ansprechperson 'Vorhersage' Contact 'Forecasting'

Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersagen und Prognosen

Phone: +49 261 1306-5183

E-Mail * meissner@bafg.de

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