Die Zahl der industriell hergestellten Chemikalien hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht und liegt heute bei über 350.000 Substanzen. Gewässer werden in Europa routinemäßig jedoch nur auf wenige ausgewählte Stoffe untersucht. Dadurch bleiben Identität und Wirkung vieler Stoffe, die unsere Gewässer gefährden können, unerkannt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Aktivitäten, z.B. zum Sedimentmanagement an der Elbe, ist es für die Entwicklung nachhaltiger Maßnahmen notwendig, die für Schadwirkungen verantwortlichen Stoffe zu identifizieren. Nur auf dieser Basis können Vorschläge zur zielgerichteten Minimierung der Einträge erarbeitet werden.
Veranlassung
Bei der ökotoxikologischen Untersuchung von Wasser- und Sedimentproben kann oftmals nur ein Anteil der beobachteten Effekte durch bekannte Schadstoffe erklärt werden. Gleichzeitig zeigen chemische Non-Target-Analysen, dass aquatische Lebensgemeinschaften einer Vielzahl unbekannter oder unzureichend charakterisierter Stoffe ausgesetzt sind. Für eine Priorisierung und Identifizierung von Stoffen werden deshalb dringend innovative Ansätze zur Kopplung moderner chemischer und ökotoxikologischer Verfahren benötigt. Im Projekt SOURCE werden Wasser- und Sedimentproben entlang der Elbe chemisch und ökotoxikologisch charakterisiert und die Ergebnisse mithilfe wirkungsorientierter Analytik und der Modellierung molekularer und adverser Effekte integriert. Unter Berücksichtigung von Kombinationseffekten, die bei Umweltmischungen unweigerlich zu erwarten sind, wird somit eine Möglichkeit zur Identifizierung und Priorisierung von Schadstoffen und ihren Quellen geschaffen.
Ziele
- Bestandsaufnahme von Stoff- und Wirkungsprofilen von Sedimenten und Wasserproben entlang der Elbe
- Kombination von chemisch analytischen Verfahren, Modellierung toxischer Effekte und effektbasierten Biotests
- Entwicklung und Anwendung von Verfahren zur Identifizierung toxischer Stoffe und ihrer Eintragsquellen in Bundeswasserstraßen
Ergebnisse
Um einen innovativen Ansatz des SOURCE-Projekts zu verdeutlichen, wurden östrogene Effekte entlang eines Flussverlaufs mithilfe eines wirkungsbasierten Tests erfasst. Dabei werden extrahierte Wasserproben dünnschichtchromatografisch getrennt und mit einem mikrobiellen Testorganismus in Kontakt gebracht, der die Aktivierung des Östrogenrezeptors durch die Bildung eines Fluoreszenzfarbstoffs anzeigt. Dadurch entstehen Aktivitätsprofile, die zur Identifizierung von Eintragsquellen genutzt werden können. Das Kontrazeptivum 17α-Ethinylestradiol ist erst weiter stromabwärts zu detektieren. Dieser Befund lässt sich auf den Einfluss einer Kläranlage zurückführen.
Ausblick auf die nächsten Jahre
- Feldanalysen: Planung und Durchführung von Probenahmen im Einzugsbereich von Elbe und Saale
- Datenaggregation/Effektmodellierung: Integration von Effektdaten aus öffentlichen Datenbanken in eine „Bioassay-Karte“, Entwicklung von Ansätzen zur Modellierung von Kombinationseffekten
- EDA: Entwicklung eines generischen Trennschemas und zweidimensionaler Trennungen für HPTLC, Entwicklung von Extraktionsverfahren für HPTLC-Oberflächen mittels „supercritical fluid extraction“
- Wissenstransfer: Erstellung einer Web-Applikation zur Effektmodellierung, Workshop zum Thema „Effektdirigierte Analytik“