Abläufe von kommunalen und industriellen Kläranlangen sind Haupteinleitungsquellen anthropogener Spurenstoffe in den Wasserkreislauf. Neben diesen punktuellen Einträgen gelangen Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft und deren Transformationsprodukte über diffuse Wege in die Umwelt. Diese, zu einem großen Teil bisher unbekannten, chemischen Stressoren können einen nachhaltig negativen Einfluss auf aquatische Ökosysteme haben und damit der Zielerreichung eines guten ökologischen Zustandes entgegenwirken.
Veranlassung
Der chemische Zustand eines Oberflächengewässers wird i.d.R. über sogenannte Target-Methoden erfasst, also durch die Analyse von bestimmten vorausgewählten Substanzen. Diese Methoden erfassen aber nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Belastung. Bisher versteckte chemische Stressoren, also Schadstoffe, die z.B. noch unbekannt und/oder nicht im regulären Monitoring enthalten sind, gewinnen zunehmend an Interesse.
Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen einer Pilotstudie in Kooperation mit dem Bundesland Sachsen ca. 50 spezifisch ausgewählte Standorte sächsischer Fließgewässer mittels NTS charakterisiert. Hierfür werden die Ergebnisse des NTS in Bezug auf bekannte und unbekannte organische Verbindungen miteinander verglichen, um Rückschlüsse auf die spezifische chemische Belastungssituation an den einzelnen Messstellen zu ermöglichen.
Ziele
- Entwicklung eines Workflows zur Charakterisierung von Oberflächenwasserproben auf Basis von NTS
- Annotierung bekannter Umweltkontaminanten
- Identifizierung potenzieller Belastungsschwerpunkte
- Priorisierung von Messstellen-spezifisch auftretenden (unbekannten) Substanzen
- Identifizierung priorisierter Substanzen und ihrer Eintragsquellen
- Bündelung aller verfügbaren Informationen über die Umweltrelevanz (u.a. Anwendung und Toxizität) der identifizierten Substanzen
Ergebnisse
Insgesamt konnten im bisherigen Verlauf des Projektes 251 Verbindungen durch die Annotierung mit einer hausinternen Spektren-Datenbank identifiziert werden. Für die Charakterisierung der untersuchten Standorte wurde zudem ein Kategorisierungssystem entwickelt, welches sowohl die bekannten (annotierten) als auch unbekannte Verbindungen berücksichtigt. Auf diese Weise konnten 8 von insgesamt 64 untersuchten Standorten als potenzielle Belastungsschwerpunkte identifiziert werden. Die ermittelten Belastungsschemata umfassen dabei starke Prägungen hinsichtlich bekannter Pflanzenschutzmittel, Industriestoffe und Pharmazeutika sowie Auffälligkeiten in Bezug auf unbekannte Verbindungen, z.B. einen hohen Anteil ortsspezifischer Detektionen. Nach derzeitigem Stand konnten 13 bisher unbekannte Substanzen identifiziert werden, wobei eine Verifizierung durch Referenzstandards noch aussteht.
Ausblick auf die nächsten Jahre
- Weiterführung der Beprobung von Oberflächengewässern in Sachsen sowie der Durchführung von NTS-Analysen und -Auswertungen
- Entwicklung von neuen Algorithmen zur Auswertung der NTS-Daten (u.a. zur Priorisierung von Messstellen und unbekannten Substanzen)
- Identifizierung potenzieller Belastungsschwerpunkte unter Verwendung der NTS-Ergebnisse, sowie weiterer verfügbarer Informationen (z.B. Gewässersteckbriefe)
- Identifizierung weiterer bisher unbekannter Substanzen
- Recherchen zu Verwendung und (Öko-)Toxizität der identifizierten Substanzen
Projektpartner
- Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie des Freistaats Sachsen