Bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen an Bundeswasserstraßen stehen verkehrliche, wasserwirtschaftliche und auf Natur-, Hochwasserschutz oder weitere Ziele ausgerichtete Aspekte oft im Widerstreit. Konventionelle Bewertungsverfahren erlauben eine Beurteilung von lediglich fachspezifischen Einzelaspekten. Praxistaugliche Verfahren, die die Aus- und Wechselwirkungen unterschiedlicher Maßnahmen integriert bewerten, stehen der Planungspraxis derzeit nicht zur Verfügung. Das Konzept der Ökosystemleistungen liefert einen geeigneten Ansatz, um solche disziplinübergreifende Bewertungen multikriteriell vorzunehmen.
Veranlassung
Seit vielen Jahren bearbeitet die BfG bereits Studien, insbesondere im Rahmen von FuE-Projekten, in denen Ökosystemleistungen adressiert werden. Standardisierte Bewertungsverfahren zur Ermittlung der Auswirkungen von Maßnahmen an Bundeswasserstraßen auf Ökosystemleistungen sind allerdings nicht etabliert und trotz starkem Bedarf im Aufgabenportfolio der BfG bisher nicht verstetigt. Mit der Festschreibung der Relevanz des Themas Ökosystemleistungen in der BfG-Strategie bis 2030 und der Etablierung der Koordinierungsrunde „Ökosystemleistungen und umweltbezogene Bewertung sozioökonomischer Änderungen“ KR-ÖSUS in 2019 ist der Auftrag an AMBERS klar definiert, diese Defizite zu adressieren.
Ziele
AMBERS analysiert den Nutzen einer disziplinübergreifenden Analyse von Ökosystemleistungen und deren Änderungen für Maßnahmen an Bundeswasserstraßen. Dazu sollen
- exemplarische Maßnahmen ausgewählt,
- die verfügbaren Datengrundlagen zur Bewertung von Ökosystemleistungen akquiriert und evaluiert,
- ökosystemare Zusammenhänge und betroffene Ökosystemleistungen identifiziert,
- bestehende Bewertungsverfahren exemplarisch angewendet,
- Defizite hinsichtlich Datenverfügbarkeit, Aussagekraft und Übertragbarkeit analysiert und daraus
- Handlungsempfehlungen hinsichtlich relevanter Ökosystemleistungen und deren datentechnischer Umsetzung formuliert werden.
Ferner sollen Optionen aufgezeigt werden, wie Ökosystemleistungen zukünftig in die Wirtschaftlichkeitsanalysen bei Maßnahmen, z.B. im Bundesverkehrswegeplan oder dem Programm Blaues Band Deutschland, integriert werden können.
Ergebnisse
- Identifizierung von Ökosystemleistungen: Die selektive Analyse der vorhandenen Expertise der BfG und weiterer bestehender Literatur zu diesem Thema ergab einen Katalog mit 30 relevanten Ökosystemleistungen (versorgend, regulierend, kulturell und abiotisch), die von den Bundeswasserstraßen und ihren Auen bereitgestellt werden.
- Auswahl von Maßnahmen an Bundeswasserstraßen: Die Maßnahmentypen aus dem LAWA-BLANO-Katalog (EU-WRRL), dem Programm Blaues Band Deutschland, dem Gesamtkonzept Elbe und Arbeiten der FGG Elbe wurden analysiert, ob und wie sich diese auf Ökosystemleistungen auswirken. Anschließend wurden empirisch die rund 60 relevantesten Maßnahmen für das Projekt AMBERS ermittelt.
- Anwendung der Bewertungsmethoden: Derzeit führt AMBERS eine Testanalyse in einem Untersuchungsgebiet mit der “River Ecosystem Service Index“ (RESI)-Methodik durch, um zunächst die Eignung der Methoden und die Verfügbarkeit der erforderlichen Daten besser zu verstehen. Dabei zeigt sich, dass die Verfügbarkeit der Daten für verschiedene Bundesländer sehr unterschiedlich ist. Ein auf die Ebene von Maßnahmen angepasster räumlicher Bezug scheint zudem die Sensitivität gegenüber Veränderungen zu erhöhen und sollte daher methodisch berücksichtigt werden.
Ausblick auf die nächsten Jahre
Die RESI-Methodik und andere bestehende Bewertungsmethoden für Ökosystemleistungen werden für AMBERS abschließend adaptiert. Danach werden verschiedene Projektgebiete in Deutschland für eine vergleichende Studie zu den Auswirkungen von Maßnahmen an Bundeswasserstraßen auf Ökosystemleistungen ausgewählt. Dabei sollen diverse Maßnahmen vom verkehrlichen Ausbau über Hochwasserschutz bis zu Renaturierungen untersucht werden. Anwenderkreise aus Wissenschaft und Praxis und dem BMDV werden einbezogen, um einerseits Impulse aufzunehmen und andererseits, um praxisnahe Ergebnisse zu generieren, z.B. durch Erstellung eines frei zugänglichen GIS-Tools.