Künstliche Intelligenz als Katalysator für die Dienstleistungen der BfG

06.12.2024

Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen quer über alle Abteilungen hinweg verschiedene Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) ein. Im Interview gibt Dr. Johannes Cullmann, Leiter der hausinternen KI-Arbeitsgruppe, einen Überblick wie die Technologie die Arbeit der BfG bereits heute beeinflusst und wie zukünftig die Beratung, Forschung und Begutachtung für unsere Partner davon profitieren.

Frage: Künstliche Intelligenz ist einer der wichtigsten Trends in der Digitalisierung und hat auch in der BfG Einzug gehalten. Können Sie uns einen Überblick geben, wie KI die Arbeit der Bundesanstalt prägt?

Dr. Johannes Culmann
Dr. Johannes Culmann

Antwort Dr. Johannes Cullmann:

KI ist mittlerweile ein integraler Bestandteil vieler Projekte bei uns. Sie hilft uns große Datenmengen effizient zu analysieren, komplexe Vorhersagen – etwa zum Wasserstand – zu verbessern und das System Bundeswasserstraße besser zu verstehen. Datengetriebene Methoden und maschinelles Lernen halten zunehmend Einzug in unsere hydrologischen Produkte. Weitere Anwendungsfelder sind die Vegetationskartierung, die Schweinswalüberwachung und Analyse von Plastik in Gewässern. Zusammengefasst eröffnet uns der Einsatz von KI neue Möglichkeiten für Forschung, Beratung und Begutachtung.

Im Projekt „Anwendung von Methoden des Maschinellen Lernens zur Verbesserung der Prognosen und Analysen an der BfG“, kurz MALPROG, untersuchen meine Kolleginnen und Kollegen verschiedene KI-Methoden und analysieren welche für uns in naher Zukunft erfolgsversprechend sein könnten. Übergeordnetes Ziel des Projekts ist es, KI-Methoden in die Arbeitsabläufe der BfG einzubringen.

Können Sie uns ein Beispiel für den Einsatz von KI in der BfG-Forschung der nennen?

Mitarbeitende der BfG arbeiten an der quantitativen Erfassung von auf dem Wasser aufschwimmenden Mikrokunststoffen in der Mosel mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.
Quelle: MarcusGlahnFotografie/BfG Mitarbeitende der BfG arbeiten an der quantitativen Erfassung von auf dem Wasser aufschwimmenden Mikrokunststoffen in der Mosel mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.

Interessante Ansätze und Projekte gibt es viele bei uns. Ich möchte mich hier auf drei konkrete Anwendungen beschränken: Ein spannendes Beispiel ist die Vegetationskartierung mit Drohnendaten. Mithilfe von Deep-Learning-Methoden und neuronaler Netzwerke klassifizieren wir auf Drohnenaufnahmen Biotoptypen auf Pixelebene. Dadurch können wir automatisiert detaillierte Karten von den Auen an den Bundeswasserstraßen erstellen, die unterschiedliche Biotoptypen abbilden – eine potenziell wertvolle Grundlage für das Management an den großen Flüssen.

In einem anderen Projekt geht es darum mit Hilfe von künstlicher Intelligenz auf der Wasseroberfläche schwimmendes Plastik automatisiert zu erfassen. Ein solches System könnte beispielsweise an Brücken angebracht werden. So wären wir perspektivisch in der Lage diesen Teil der Plastikfracht mit hoher Genauigkeit zu bilanzieren und Eintragspfade zu lokalisieren.

Fische in der Fischtreppe an der Moselstaustufe in Koblenz.
Quelle: BfG Fische in der Fischtreppe an der Moselstaustufe in Koblenz.

Zu meinem dritten Beispiel: Die TU Tallinn (Estland) entwickelte im Auftrag der BfG eine KI-basierte Software zur Fischerkennung. Mit Hilfe der neuen Technik können in Zukunft tausende von Unterwasservideos aus Fischaufstiegsanlagen (FAA) automatisch u. a. hinsichtlich der erfassten Fischarten und ihrer Größen analysiert werden. Bislang erfolgt die aufwändige Auswertung weitestgehend händisch. Die neue Anwendung soll zukünftig unter anderem dabei helfen das Verhalten von Fischen in FAA besser zu verstehen und die Planung beim Bau solcher Anlagen zu optimieren.

Und wie unterstützt KI die Beratung?

Ölüberwachungsflugzeug auf dem Flugfeld
Quelle: BfG Eines der Ölüberwachungsflugzeuge vom Typ Dornier Do228

Unsere wissenschaftliche Politikberatung profitiert einerseits indirekt, in dem wir durch den Einsatz von KI-Methoden in unserer Forschung zu besseren Ergebnissen gelangen. Einige unserer Beratungsdienste profitieren aber auch unmittelbar durch die neuen Methoden z. B. im Bereich der Wasserstandsvorhersage. Bei kurzfristigen Wasserstandsvorhersagen nutzen wir sogenannte Long Short-Term Memory-Netzwerke. Diese ermöglichen präzisere Prognosen, da sie historische Daten und hydrologische Modelloutputs kombinieren. So können wir unsere Partner besser bei Vorhersagen etwa bei Niedrigwasserereignissen unterstützen.

Ein weiteres Beispiel ist die Beratung meiner Kollegen/-innen aus dem Referat für Fernerkundung für das Havariekommando. Im Auftrag des BMDV unterstützt die BfG seit vielen Jahren bei der Konzeption und der technisch-wissenschaftlichen Weiterentwicklung des Überwachungssystems zur Erkennung von Verschmutzungen auf der Meeresoberfläche. Derzeit prüfen wir, ob und wenn ja welche KI-Methoden für die Ölerkennung in Frage kommen bzw. welche Eingangsdaten geeignet sind (z. B. multispektral vs. hyperspektral Aufnahmen). Als Trainingsdaten kommen bspw. Satelliten- und Flugzeugdaten in Frage.

Was sind aus Ihrer Sicht konkrete Anforderungen zur Nutzung von KI in der BfG, möglicherweise stellvertretend auch für andere Ressortforschungseinrichtungen?

Geoportal der BfG
Startseite des Geoportals der BfG

Eine zentrale Herausforderung ist die Datenqualität. KI kann nur so gut sein wie die Daten, mit denen sie arbeitet. Deshalb investieren wir viel Zeit und Aufwand in die Plausibilisierung von Daten, die Datenhaltung und die Pflege der entsprechenden Metadaten. Durch die an der BfG angesiedelten internationalen Datenzentren und die Aktivitäten rund um das Geoportal der BfG besitzen wir langjährige Erfahrung in diesem Themenfeld, die wir gerne mit unseren Partnern teilen.

Darüber hinaus gilt es, Fragen zur Informationssicherheit von KI-Systemen zu beantworten. Für die BfG bedeutet dies, dass wir uns damit beschäftigen müssen, welche Daten bei zukünftigen Anwendungen wohin übertragen werden und wie wir die Entscheidungen von KI-Systemen für unsere Nutzerinnen und Nutzer nachvollziehbar darstellen und ausweisen. Die Integration und Nutzung der neuen Technologie läuft nicht nebenher, sondern ist mit hohem Arbeitsaufwand verbunden. Die notwendigen personellen Ressourcen müssen sich zukünftig bei der Stellenplanung und der Ausgestaltung der Dienstposten wiederfinden.

Wie wird KI in der Zukunft die Arbeit der BfG verändern?

Ich bin überzeugt, dass KI unsere Arbeitsweise zunehmend prägen wird und in wenigen Jahren selbstverständlicher Teil unserer Arbeit ist. Technologisch stehen wir noch am Anfang und tasten uns als Einrichtung, aber auch als Gesellschaft, an die neuen Möglichkeiten heran. Der technologische Fortschritt im Feld der KI ist rasant und es ist jetzt noch nicht absehbar wohin die Reise einmal gehen wird. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass wir den Menschen als moralisch-kreative, letzte Instanz in der Entwicklung und Anwendung von KI erhalten können und müssen. Letztendlich sollte der Wissenschaftler oder die Wissenschaftlerin entscheiden welche KI-Methode für den jeweiligen Einsatzzweck geeignetist.

KI verändert nicht nur die Facharbeit der BfG schon jetzt, sie wird, richtig angewendet, auch Verwaltungsprozesse sowie interne und externe Kommunikation auf ein anderes Niveau befördern. Ein weiterer Vorteil von verstärkter Nutzung von KI wird die bessere Vernetzung von verschiedenen Arbeitsbereichen und Oberbehörden sein, die sich in Deutschland mit Umwelt-, Landwirtschafts-, Energie- und Verkehrsthemen befassen. Die Möglichkeiten große Datenmengen auszuwerten und daraus Information zu gewinnen werden es uns ermöglichen viel integrierter als bisher zu bewerten und zu planen. 

Die neue Technik stellt neue Anforderungen an die Belegschaft: Meine Kolleginnen und Kollegen müssen nicht mehr nur exzellent in ihrer jeweiligen Disziplin sein, sondern sich verstärkt mit Informationstechnik und Informationsmanagement auseinandersetzen. Als BfG haben wir mit dem Projekt MALPROG und einer referatsübergreifenden Arbeitsgruppe zum Thema KI wichtige erste Schritte gemacht, um unseren „wissenschaftlichen Werkzeugkasten“ zur Bewältigung der großen Fragen an den Bundeswasserstraßen um KI-Methoden zu ergänzen.

Ansprechperson

Dr. habil. Johannes Cullmann Internationale Vernetzung

International Collaboration

Zentrale Leitungsunterstützung

Telefon: 0261 1306-5587

E-Mail-Adresse * cullmann@bafg.de

Pressestelle

Dominik Rösch
Dr. Martin Labadz
Susanne Schäfer
Dr. Sebastian Kofalk (Pressesprecher)

E-Mail: E-Mail-Adresse * presse@bafg.de

Telefon: 0261/1306-5000

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