Frage: Wie war es um die globale Bodenfeuchte im vergangenen Jahr bestellt?
Antwort Dr. Matthias Zink: Im Jahr 2023 beobachteten wir weltweit überwiegend unterdurchschnittliche Bodenfeuchtewerte verglichen mit den 30 vorhergehenden Jahren. Besonders in großen Teilen Nord- und Südamerikas, Nordafrikas und des Mittleren Ostens, war diese Entwicklung zu beobachten, was auf weitverbreitete Dürrebedingungen hinweist. Insbesondere die Sommermonate (Juni-August) hatten unter starken Bodenwasserdefiziten zu leiden. In dem Bericht wurden starke Dürreereignisse in einigen Staaten Mittel- und Südamerikas, sowie den südlichen USA näher beschrieben. Allerdings gab es in einigen Gebieten, wie etwa Teilen Indiens, Alaskas, Nordostkanadas und der Russischen Föderation, überdurchschnittliche Werte, was auf feuchtere Bedingungenaufzeigt.
Wie sah der Beitrag des ISMN zum Bericht "State of Global Water Resources 2023" aus?
Der Hauptfokus lag auf dem Kapitel zur Bodenfeuchte. Meine Mitautoren/-innen und ich haben globale Muster der Bodenfeuchte anhand von Daten aus Modellrechnungen und des International Soil Moisture Network (ISMN), das an der BfG angesiedelt ist, untersucht. Dabei wird analysiert wie sich das Jahr 2023 im Vergleich zu historischen Aufzeichnungen entwickelt hat. Diese Analyse ist entscheidend, um Dürren, Überschwemmungen und deren Auswirkungen auf die Landwirtschaft und Ökosysteme im internationalen Kontext untersuchen zu können.
In den Bericht flossen auch wichtige Abflussdaten des in der BfG angesiedelten Weltdatenzentrum Abfluss (Global Runoff Data Centre, GRDC) ein. Zusammen mit den Bodenfeuchtedaten ließ sich so ein umfassenderes Bild der globalen Wasserverfügbarkeit zeichnen. Bodenfeuchte und Abfluss sind eng miteinander verbunden – was im Boden passiert, wirkt sich auch auf die Flüsse aus und umgekehrt.
Wie hilft die Überwachung der Bodenfeuchte bei der Vorhersage von Katastrophen wie Dürren oder Überschwemmungen?
Indem die einzelnen Staaten die Bodenfeuchte auf Ihrem Territorium überwachen, können wir als Netzwerk frühzeitig Anzeichen überregionaler Dürren oder Überschwemmungen erkennen. Wenn der Boden über längere Zeit zu trocken ist, deutet dies auf eine bevorstehende Dürre hin. Andererseits kann eine Übersättigung des Bodens Bedingungen schaffen, die eher zu Überschwemmungen führen können. Die Überwachung hilft, diese Ereignisse zu erkennen und ermöglicht eine bessere Katastrophenvorsorge.
Wie hat sich die Technologie zur Überwachung der Bodenfeuchte verändert?
Fortschritte in der Modellierung, der Satellitentechnologie und bei globalen Netzwerken, wie z.B. dem ISMN, haben die Überwachung der Bodenfeuchte revolutioniert. Wir verfügen jetzt über präzisere Echtzeitdaten, die sogar entlegene Regionen abdecken. Dadurch können wir globale Muster viel genauer verstehen als früher. Fernerkundungsmethoden alleine reichen jedoch nicht aus, da wir so zwar großflächige Informationen erhalten, jedoch nur bis zu einer bestimmten Bodentiefe. Für eine genaue Einordnung bleiben „klassische“ Bodenfeuchtemessstationen unerlässlich.
Eine der größten Herausforderungen bleibt für uns daher die ungleichmäßige Verteilung qualitativ hochwertiger Daten – dies gilt für Bodenfeuchte genauso wie für andere Parameter des globalen Wasserkreislaufs. Nicht nur in Regionen wie Afrika und in Teilen Asiens fehlen ausreichend Überwachungsstationen, auch in Europa sind langjährige Zeitreihen von mehr als 20 Jahren für Bodenfeuchtedaten bisher nur sehr vereinzelt verfügbar. Dies erschwert es uns, ein verlässliches globales Bild zu zeichnen. Der Ausbau dieser Messnetzwerke und die Förderung des Datenaustauschs sind der Schlüssel zur Überwindung dieser Hürden.
Welchen langfristigen Einfluss erhoffen Sie sich vom Bericht zum Zustand der globalen Wasserressourcen?
Ich hoffe, dass dieser Bericht das Bewusstsein für den kritischen Zustand der globalen Wasserressourcen, insbesondere der Bodenfeuchte, schärft. Indem wir die Daten bereitstellen, möchten wir die Entwicklung von Handlungsoptionen unterstützen – sei es in den Bereichen der Wasserbewirtschaftung sowie hinsichtlich der Klimaanpassung. Jedoch brauchen wir dazu den oben erwähnten Ausbau und die langfristige Finanzierung der Messnetzte. Wir sind nicht in der Lage Wasserressourcen zu managen, wenn wir nicht ausreichende Informationen in Form verlässlicher Messungen besitzen.
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