Forschung und Entwicklung
Wie wirken sich Wasserstraßenausbau und -unterhaltung auf den Transport schadstoffbelasteter Feinsedimente aus? Wie kann das Sediment- und Baggergutmanagement der WSV optimiert werden? Welche Auswirkungen haben globaler Wandel und extreme Wetterereignisse auf den Schadstofftransport? Wie sind der Stofftransport im Fluss und in der Aue bzw. im Grundwasser miteinander verknüpft? Um diese Fragen geht es in mehreren Vorhaben des BfG-Forschungsprogramms – an der Mosel, der Binnenelbe und den Nordseeästuaren sowie in einem Projekt des BMUV-Maßnahmenprogramms für grenzüberschreitende Gewässer. Neben diesen Forschungsfeldern arbeitet das Referat G1 an der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Bewertungsschemata, Fachinformationssystemen und Fachdatenbanken.
Projekt OGIMo – "Oberflächen- und Grundwasserinteraktionen entlang der Mosel“
Wasserbauliche Veränderungen wie Schleusenneubauten oder Flussrevitalisierungen verändern die hydraulischen Randbedingungen an einem Gewässer nachhaltig. Sie beeinflussen auch die Interaktion zwischen Oberflächenwasser (OW) und Grundwasser (GW) und den damit verbundenen Stofftransport. Die den Stofftransport beeinflussenden Prozesse sind jedoch, vor allem in Bezug auf Bundeswasserstraßen (BWaStr), noch nicht erforscht. Valide konzeptionelle Stofftransportmodelle, die als Basis für numerische OW/GW-Wechselwirkungsmodelle dienen könnten, liegen daher für BWaStr nicht vor.
Ziel des Projektes ist es, das derzeitige Wissen über die Wechselwirkungen zwischen OW und GW hinsichtlich des hierbei stattfindenden Stofftransports zu vertiefen und, darauf aufbauend, ein konzeptionelles Stofftransportmodell zu entwickeln. Dieses soll zum einen ein Vorhersageinstrument zu den Umweltauswirkungen wasserbaulicher Eingriffe in (Fließ-) Gewässer sein und zum anderen als Grundlage für die Entwicklung bzw. Anpassung eines numerischen Modells dienen. Für die qualitative und quantitative Beschreibung von OW-GW-Wechselwirkungen kommt eine Vielzahl von Wasserinhaltsstoffen in Betracht, deren Eignung das Projekt untersucht. In dem multidisziplinären Untersuchungsansatz werden zunächst Vulnerabilitätszonen mit Hilfe natürlicher und anthropogener Tracer kartiert und OW-GW-Interaktionsgebiete entlang des gesamten deutschen Verlaufs der Mosel identifiziert. An einer repräsentativen Interaktionsstelle werden Stofffrachten zwischen OW und GW mittels weiterer natürlicher und anthropogener Tracer quantifiziert. Als innovative, bereits im System vorhandene Oberflächen- und Grundwasser-Tracer werden hierfür, neben stabilen und radioaktiven Isotopen, auch abwasserbürtige Spurenstoffe, Pestizide und deren Transformationsprodukte verwendet. Alle Erkenntnisse werden abschließend in einem allgemeinen und fallspezifisch anwendbaren konzeptionellen Modellansatz zur Verfügung gestellt.
Projekt ElBiota – "Einfluss der Konnektivität auf die Biodiversität und Schadstoffverteilung in den Elbauen"
Die laterale Fluss-Auen-Konnektivität beschreibt die Vernetzung von Fluss und Aue. In "ElBiota" wird an der Mittleren Elbe untersucht, welchen Einfluss eine unterschiedliche laterale Konnektivität auf die Biodiversität sowie die Schadstoffbelastung im Boden hat. Bei dem Projekt kooperiert die BfG (Referate U3 und G1) mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und der Universität Duisburg-Essen.
Für die Untersuchungen wurden vier Gebiete ausgewählt: Zwei nahe Elsnig (Elbe-km 167-169) bzw. Bösewig (Elbe-km 189-192), wo sich die Elbe besonders stark eingetieft und von ihrer Aue entkoppelt hat, sowie zwei weitere stromabwärts bei Schönberg-Deich (Elbe-km 437-439) bzw. Jasebeck (Elbe-km 513-515), wo Fluss und Aue noch stärker vernetzt sind.
Vor Ort werden Vegetationsaufnahmen durchgeführt, Laufkäfer, Muscheln und Schnecken erfasst und Bodenproben aus verschiedenen Tiefen entnommen, welche anschließend auf ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften hin untersucht werden. Im Hochwasserfall sollen zusätzlich in den Elbauen Sedimentfangmatten ausgelegt werden, um den Transport von Schadstoffen sowohl quantitativ als auch qualitativ einschätzen zu können. Darüber hinaus sollen verschiedene Optionen der (halb-) automatisierten, zeitlich höher aufgelösten Probenahme von Schwebstoffen erprobt und verglichen werden.
Die gefundenen Zusammenhänge zwischen lateraler Konnektivität, Biodiversität und Bodenparametern sollen in vorhandene Modelle einfließen. Damit wird das Projekt zum besseren Verständnis der Auenökologie und somit zur Optimierung von Gewässer- und Auenrenaturierungsprogrammen beitragen.
Projekt "Feststoff- und partikulärer Schadstofftransport in Nordseeästuaren"
Schwebstoffe und schwebstoffbürtige Sedimenten in Ästuaren sind oft mit anthropogenen Schadstoffen belastet. Das birgt ein potenzielles Risiko für die aquatische Flora und Fauna und kann zu Nutzungseinschränkungen und ggf. zu erheblichen Kosten bei der Unterhaltung der Gewässer führen. Die Feinsedimente (sog. kohäsive Sedimente), die aufgrund ihrer sedimentologischen Eigenschaften Schadstoffe akkumulieren können, stellen besonders hohe Anforderungen an das Sediment- und Baggergutmanagement der WSV.
Mit dem Projekt soll ein besseres Verständnis der Transportmengen, -wege und –zeiten feststoffgebundener Schadstoffe in den Nordseeästuaren erreicht werden. Deswegen wird untersucht, welchen Einfluss die Wasserstraßenunterhaltung auf den Schadstofftransport und die Anreicherung der Schadstoffe in ökologisch wertvollen Bereichen hat. Außerdem werden die strömungsabhängigen Transporte feinkörniger Anteile in den Ästuaren untersucht. Neben einer möglichen Gefährdungsabschätzung der Gewässerökosysteme in Flussgebietseinheiten und im Küstenmeer ist auch zu prüfen, ob das Ziel der WRRL und der MSRL realisierbar ist, einen guten chemischen und ökologischen Zustand zu erreichen.
"Prozessanalyse und Modellierung der Schadstoffbelastung großer Fließgewässer" – BMUV-Maßnahme 112
Im Auftrag des BMUV werden wesentliche Quellen und Eintragspfade von Schadstoffen für große Flüsse in Deutschland identifiziert und quantifiziert. Das Projekt analysiert, bilanziert und modelliert das Transportverhalten der Schadstoffe im Gewässer. Dabei geht es insbesondere um extreme hydrologische Systemzustände wie Hoch- oder Niedrigwasser. Die Modellierung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem BfG-Referat U2, wobei das dort entwickelte Gewässergütemodell QSim eingesetzt wird.