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Neue BfG-Studie zur Niedrigwassersequenz 2015 bis 2018 veröffentlicht (05.01.2023)

Hitze, Trockenheit, niedrige Abflüsse – nicht nur 2022 war geprägt von meteorologischen und hydrologischen Extremereignissen. Eine aktuelle Studie der BfG zeigt jetzt: In den Jahren 2015 bis 2018 waren alle Bundeswasserstraßen wiederholt von extremem Niedrigwasser betroffen. Vielerorts wurde sogar die Marke der niedrigsten bekannten Wasserstände unterschritten. Diese Phase übertraf in vielfacher Hinsicht die einschlägigen Erfahrungen aus den vergangenen Jahrzehnten.

Niedrigwasser am Mittelrhein im August 2022. Niedrigwasser am Mittelrhein im August 2022.Niedrigwasser am Mittelrhein im August 2022. Quelle:  Dr. Patrick Wagner, BfG

Während der Niedrigwassersequenz 2015 bis 2018 sanken die Wasserstände an einigen Pegeln zeitweise sogar so weit, dass die Schifffahrt vor großen Problemen stand. Besonders im Jahr 2018 waren alle deutschen Stromgebiete stark von Niedrigwasser betroffen. Die neue BfG-Studie „Die Niedrigwassersequenz der Jahre 2015 bis 2018 in Deutschland ‒ Analyse, Einordnung und Auswirkungen“ bietet für dieses Phänomen einen umfassenden und interdisziplinären Einblick.

BfG-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler untersuchten fachübergreifend Entstehung, Ausmaß und die vielfältigen Folgen des ungewöhnlichen mehrjährigen Phänomens und ordneten die Ereignisse ein. „Unsere Analysen zeigen, dass die niedrigen Abflüsse und Wasserstände der Bundeswasserstraßen in der Phase 2015 bis 2018 die vergangener Jahrzehnte vielfach übertroffen haben“, erklärt Jörg Uwe Belz, Leiter der Studie. Jahrhundertereignisse oder noch seltenere Phänomene seien diese aufgetretenen Situationen allerdings nicht, so der Diplom-Geograph weiter.

Differenzierte Betrachtung der Niedrigwasserlagen

Die hydrologische Situation an den Bundeswasserstraßen in Deutschland zwischen 2015 und 2018 war laut der Studie jedoch nicht einheitlich. Bei den Flussgebieten von Rhein und Donau, wo maritimer Klimaeinfluss hohe Temperaturen und geringe Niederschläge in der Regel eher ausgleichen kann, beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der langfristigen Betrachtung deutlich seltener extreme Niedrigwasser als in anderen Flussgebieten. Dies liegt, neben der maritimen Klimabeeinflussung, daran, dass die Abflüsse dieser Ströme nicht nur unmittelbar vom Niederschlag und Grundwasser abhängen. Vielmehr profitieren sie zusätzlich bis in den Sommer hinein von der Schnee- und Eisschmelze in den Hochlagen der Alpen. Die Einzugsgebiete von Weser, Elbe und Oder hingegen sind nach Osten hin zunehmend von kontinentalerem, also sommerlich trockenerem Klima mit geringen Niederschlägen und großen Temperaturunterschieden zwischen Sommer und Winter geprägt. Zudem fehlen in deren Einzugsgebieten Hochgebirgsregionen mit Schneerücklagen und somit Schmelzwasser, das in der warmen Jahreszeit Niedrigwasserphasen abmildern könnte.

Neue Projektions- und Vorhersageprodukte unterstützen Nutzer/-innen der Bundeswasserstraßen

Vergleich der Veränderungen des mittleren Abflusses am Pegel Köln/Rhein. Vergleich der Veränderungen des mittleren Abflusses am Pegel Köln/Rhein.Vergleich der Veränderungen des mittleren Abflusses am Pegel Köln/Rhein für den hydrologischen Sommer unter Annahme des Klimaschutz-Szenarios (RCP2.6, grün) und des Weiter-wie-bisher-Szenarios (RCP8.5, rot) auf Basis numerischer Modellrechnungen. Der schattierte Bereich gibt die Spanne der modellierten Werte an. Quelle:  BfG

Ereignisse, wie sie sich in den Jahren 2015 bis 2018 abspielten, könnten sich bis Ende des 21. Jahrhunderts häufen und dann auch an Ems, Rhein und Donau öfter und extremer niedrige Wasserführung mit sich bringen. Sollte sich die Erwärmung in Zukunft fortsetzen, werden hier nicht nur die Niederschläge in der warmen Jahreszeit geringer ausfallen und die Verdunstung zunehmen, sondern auch die Stützung von sommerlichen Niedrigwasserabflüssen durch Schnee und Gletscher abnehmen bzw. fehlen. Der von der BfG mitverantwortete Klimaberatungsdienst „DAS-Basisdienst“ bzw. das WS-Klimaportal stellt für langfristige Betrachtungen auf Grundlage unterschiedlicher Szenarien Daten und Gutachten bereit, die unterschiedliche Anpassungsprozesse an die Auswirkungen des Klimawandels unterstützen können.

Auch werden vor diesem Hintergrund operative Vorhersagedienste mit unterschiedlichen zeitlichen Vorhersagehorizonten und mit hoher Aussagegenauigkeit für die jeweiligen Wasserstands- und Abflusssituationen immer wichtiger. Das gilt für die meisten Nutzergruppen der Bundeswasserstraßen, wie zum Beispiel Schifffahrtsunternehmen, Logistikbetriebe, Industrieunternehmen und die Energiewirtschaft.

Aber auch kurz- und mittelfristige Vorhersagen helfen, sich besser auf anhaltenden Niedrigwasserphasen einstellen zu können. Zwei neu entwickelte Vorhersageprodukte der BfG knüpfen hier an: Die 14-Tage-Vorhersage für sieben schifffahrtsrelevante Rheinpegel sowie die Neuentwicklung der 6-Wochen-Vorhersage des Wasserstandes und Abflusses für ausgewählte Pegel an Rhein, Elbe und Donau. Diese können tagesaktuell online über das WSV-Portal ELWIS abgerufen werden.

Temperatur und Stoffhaushalt

Auch die Auswirkungen der geringen Wasserführung auf Wassertemperatur und Stoffhaushalt im Gewässer waren Bestandteil der BfG-Analyse. Die Ergebnisse zeigen, dass die komplexen Zusammenhänge zwischen Wassertemperatur, Stoffhaushalt und Phytoplankton und der Wasserführung eine differenzierte Betrachtung für jeden Einzelfall erfordern, insbesondere angesichts der zukünftig vermehrt zu erwartenden Hitzeperioden. Dadurch wird sich laut Einschätzung der BfG-Wissenschaftler/-innen der Nutzungskonflikt zwischen industriellen Wärmeeinleitungen und ökologisch verträglicher Wassertemperatur bei Niedrigwasser und gleichzeitig auftretenden Hitzeperioden verschärfen.

Die BfG-Mitteilungen werden in loser Folge veröffentlicht. In ihnen werden aktuelle Themen detailliert wissenschaftlich und oft interdisziplinär aufbereitet. Zumeist stehen dafür große Datenmengen zur Verfügung, die die BfG in ihrer jahrzehntelangen Arbeit zusammengetragen hat.

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